Dieses Geschenk hat Tradition in der Kupferstadt: Bürgermeister Tim Grüttemeier überreicht den neuen Beigeordneten Tobias Röhm und Robert Voigtsberger (v.r.) je eine Flasche Els.Foto: J. Lange
Stolberg. Die Stimmung ist eher familiär an diesem Abend im Rathaus. Opposition, Mehrheit und Verwaltung plaudern bei einem Gläschen gut gelaunt über vergangene wie zukünftige Zeiten. Ein gutes Dutzend ehemaliger Ratsmitglieder inklusive seines Vorgängers Ferdi Gatzweiler hat Bürgermeister Dr. Tim Grüttemeier zu Beginn der Ratssitzung gewürdigt und mit einem Präsent verabschiedet, im Anschluss plaudern alte und aktuelle Parlamentarier quer durch die politischen Lager gut gelaunt über ihre Erlebnisse und bereiten den beiden neuen Beigeordneten ein warmes Willkommen.
In diesem Rahmen fallen die kleinen politischen Gegensätze aus der Gegenwart kaum ins Gewicht. Bei der auf Antrag der Grünen durchgeführten geheimen Wahl von Robert Voigtsberger (SPD) zum Ersten und Beigeordneten für Soziales sowie Tobias Röhm (parteilos) zum Technischen Beigeordneten gibt es mindestens einen Abweichler im christlich-sozialdemokratischen Mehrheitslager. Bei 43 anwesenden Stimmberechtigten (bei der CDU fehlten Michael Thomas und Hans-Gerd Braun) erhielten in getrennten Wahlgängen beide Bewerber jeweils 33 Ja- und 10 Nein-Stimmen. Die Opposition aus drei Fraktionen und drei Fraktionslosen kommt zusammen nur auf neun Ratsmitglieder.
Kritik geäußert hatten zuvor Grüne, FDP und Linke. Sie bezog sich, so betonten es alle Sprecher, nicht auf die Personen, sondern das vorangegangene Verfahren. „Sie hätten wenigstens den Schein wahren können“, vermisste Bernd Engelhardt (FDP) Transparenz bei der Stellenbesetzung durch die große Koalition. Mathias Prußeit (Linke) monierte einen Verstoß gegen die Gleichstellung, weil keine Frauen vorgeschlagen wurden, obwohl qualifizierte unter den Bewerbungen gewesen seien. Und Dina Graetz (Grüne) hatte dort sehr wohl Kandidaten mit der erforderlichen Laufbahnprüfung ausgemacht, die nun Voigtsberger noch ablegen muss. „Leute aus dem Haus wurden nicht berücksichtigt, und ein Parteibuch macht sich nach außen auch nicht gut“, so Graetz weiter.
Dem hielt der Bürgermeister entgegen, dass alle Fraktionen die Bewerbungen sichten und die Bewerber kennenlernen sowie selbst Vorschläge hätten unterbreiten können. Grüttemeier verhehlte aber auch nicht, dass die Besetzung der Beigeordneten-Positionen durch politische Wahlbeamte erfolge. Und die suche nun einmal letztlich die Mehrheit aus.
Damit steht das „Kabinett Grüttemeier“. Und das geht einher mit einem umfassenden Revirement der gesamten Führungsspitze im Rathaus – weniger mit einer personellen als vielmehr strukturellen Veränderung der Ämter. Rechtzeitig vor der Ratssitzung hatte am Vormittag der Personalrat seine Zustimmung zu der Besetzung der letzten beiden, intern ausgeschrieben Amtsleitungen gegeben. Der neue Geschäftsverteilungsplan und die Besetzung der Amtsleitungen erfolgte im Rat einstimmig.
Analog zur Wahl der Beigeordneten mit Wirkung zum 1. Januar 2015 fiel auch das Ergebnis ihrer befristeten Einstellung als angestellte Dezernenten vom 1. Oktober (Röhm) und vom 15. Oktober (Voigtsberger) bis Silvester aus. Zuvor nutzten die beiden neuen Beigeordneten die Gelegenheit zu einer kurzen Vorstellung vor dem Rat, in der sie ihren persönlichen Werdegang skizzierten.
Robert Voigtsberger (33), der als stellvertretender Sportdirektor des Deutschen Behindertenverbands noch in Aachen-Brand wohnt, möchte nach Stolberg übersiedeln, weil es „unerlässlich ist, am Puls des Lebens der Stadt, in der man Verantwortung trägt, auch zu leben.“ Schwerpunkte sieht er in der Umsetzung der Inklusion als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sowie in einer Stärkung von Kultur und Tourismus auch unter dem Aspekt der Wirtschaftsförderung.
Tobias Röhm (36) stammt aus Mainz, hat ein „Venwegener Mädchen“ geheiratet und fühlt sich somit schon längst wohl in der Kupferstadt. Termin- und Kostencontrolling waren bereits während seiner Tätigkeit als Projektleiter der Bauunternehmung Hans Lamers Schwerpunkte, die „offensichtlich auch in Stolberg einer besonderen Aufmerksamkeit“ bedürfen.
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