Wahre Worte wurden gesprochen, möglicherweise große und auf jeden Fall
nachdenkliche: Das Forum der CDU Städteregion Aachen und der Senioren-Union im Stolberger Ökumenischen Gemeindezentrum an der Frankentalstraße zum Thema „Sterbebegleitung und Sterbehilfe“ bot
den Zuhörern den Reiz politischen Denkens in aller Öffentlichkeit.
Auf dem Podium hatten sich eine Reihe hochkarätiger Fachleute zusammengefunden: Neben dem Alsdorfer Bundestagsabgeordneten Helmut Brandt, der die juristischen Gesichtspunkte erläuterte, nahmen der Arzt und Parlamentskollege Dr. Rudolf Henke sowie der in Kornelimünster lebende Theologe Professor Dr. Ulrich Lüke auf der Bühne des Saales Platz. Eingeleitet wurde das von rund 60 Interessenten, darunter viele in der Union verwurzelte Menschen, vom Vorsitzenden des CDU-Stadtverbandes, Jochen Emonds.
Konsequenzen vor Augen führen
Dass es bei dieser Veranstaltung in erster Linie um ethische Fragestellungen gehen sollte, ließ neben Emonds auch Helmut Brandt anklingen. Gesetzgebern, wie auch er selbst einer ist, schrieb er im Hinblick auf ihre Entscheidungen ins Stammbuch: „Man schaue auf das Ende!“, will sagen: auf die Konsequenzen aus den Beschlüssen. Um was es dabei konkret gehen könnte – davon vermittelte Theologe Lüke eine Anschauung. Ausdrücklich warnte der Hochschullehrer und Priester vor gewerblichen so genannten Sterbehilfe-Vereinen wie der „Dignitas“ des Schweizers Ludwig Amadeus Minelli. Dem gehe es nicht nur um Ideale: „Natürlich wird verdient dabei.“ Hinsichtlich der Ethik bei der Begleitung von Menschen in der letzten Lebensphase formulierte Lüke mit Blick auf die Debatten über „aktive Sterbehilfe“ eine Leitfrage: „Was wollen wir denn durchgehen lassen?“ Ausdrücklich warnte der Gast zudem vor einem Dammbruch, der geschehe, „wenn freiwillige Euthanasie zur Wohltat stilisiert wird“.
Ganz entschieden machte sich der Professor die Prinzipien der Hospizbewegung, deren Vertreter Todkranken mit einem breit gefächerten Angebot aus Schmerztherapie und mitmenschlicher Unterstützung zur Seite stehen, zu eigen: „Palliativmedizin kostet – und ist vielleicht das, was der Mensch am Ende braucht.“ Vieles sei heute möglich, ergänzte Lüke, und führte zum Beleg ein Zitat des Bonner Lehrstuhl-Inhabers für Palliativmedizin, Professor Lukas Radbruch, an: „Wir können 99 Prozent und mehr aller Patienten heute schmerzfrei stellen.“ Lükes Folgerung: „Wo die Palliativmedizin gelingt, geht der Wunsch nach aktiver Sterbehilfe zurück.“
Dr. Rudolf Henke, Arzt und Parlamentarier aus Aachen-Burtscheid, machte sich zum engagierten Fürsprecher der Spezialisierten Palliativmedizinischen Versorgung (SPV). Dabei arbeiten Teams aus Ärzten, Pflegekräften und anderen Spezialisten zusammen und betreuen die Patienten in deren häuslicher Umgebung. Dieses Netz der Hilfe gelte es dichter zu weben: „Die erste Sorge muss sein, weiße Flecken zu beheben.“
Überdies gelte es, dem Tod einen Platz im öffentlichen Bewusstsein zurückzugeben, zu wissen, „dass wir durch nichts so sehr verbunden sind als durch das Bewusstsein, dass wir Sterbliche sind“.
Diskussion
Ein durchaus anregendes Meinungsklima ergab sich in der an- und abschließenden Diskussion. Dabei beantwortete Rudolf Henke pointiert die Frage nach seiner Sicht des Soll- und Ist-Zustandes in der Versorgung: „Ich möchte, dass auch auf einer chirurgischen Station die Gesichtspunkte der Palliativmedizin gelten.“ Ein weiterer Zuhörer brachte schlicht und eindrucksvoll seine Sicht der Sterbehilfe-Debatte zur Sprache: „Die Lizenz zum Töten kann ich keinem Menschen zusprechen.“