Eine große Welle der Hilfsbereitschaft rollt

Weit über 100 Stolberger wollen ehrenamtlich die Flüchtlinge in Stolberg unterstützen. Bürgermeister heute beim Innenminister.

Großer Andrang herrscht im Ratssaal, als sich mehr als 100 Stolberger für unterschiedliche Hilfsprojekte melden. Das macht Bürgermeister Grüttemeier „stolz auf unsere Stadt“. Bei der Feuerwehr füllt sich eine Fahrzeughalle mit Spenden Foto: J. Lange
Großer Andrang herrscht im Ratssaal, als sich mehr als 100 Stolberger für unterschiedliche Hilfsprojekte melden. Das macht Bürgermeister Grüttemeier „stolz auf unsere Stadt“. Bei der Feuerwehr füllt sich eine Fahrzeughalle mit Spenden Foto: J. Lange

„Ich war selten so stolz auf unsere Stadt wie heute“: Das sagt der Bürgermeister angesichts der überwältigenden Resonanz der Stolberger, die sich ehrenamtlich in die Betreuung und Versorgung der Flüchtlinge einbringen wollen. Und Tim Grüttemeier sagt Danke. Mehrfach, wie in den vergangenen Tagen und an diesem Abend. Dank an die Stolberger für ihre Hilfsbereitschaft und Unterstützung, um die eintreffenden Gäste versorgen zu können.


Kurzfristig sind sie von der Bezirksregierung der Kupferstadt zugewiesen worden. „Nur 24 Stunden Zeit blieben zur Vorbereitung“, erinnert Tim Grüttemeier an den Dienstag vor acht Tagen. Heute vor einer Woche ist Stolberg vorbereitet, 150 Menschen in Räumlichkeiten der Propst-Grüber-Schule auf der Liester empfangen zu können. Am ersten Tag sind es 37 Flüchtlinge, die Stolberg erreichen. „Nur die Busunternehmer konnten uns sagen, wie viele Menschen tatsächlich wann kommen“, merkt Grüttemeier an.


14 Tage Aufenthalt kalkuliert


Als sich am Montag gegen 18 Uhr deutlich mehr als 100 Bürger im Ratssaal versammeln, um zu helfen, zählt das Übergangsheim 128 Bewohner. Kurz vor Mitternacht, um 23.30 Uhr erreichen weitere 23 Flüchtlinge die Unterkunft. Somit hat Stolberg sein Aufnahmesoll erfüllt – erst einmal.


So kurzfristig, wie die 151 Besucher gekommen sind, so kurz soll ihr Aufenthalt in der Kupferstadt andauern. Mit etwa zwei Wochen rechnet die Spitze der Verwaltung dieser Stadt – nach derzeitigem Stand. Dann sollen die Bewohner der Unterkunft auf der Liester auf andere Städte und Gemeinden verteilt werden, wo sie ihr Asylverfahren durchlaufen sollen. Soweit zumindest die Theorie.


Wie es in der Praxis aussehen und weitergehen wird, kann an diesem Abend im Rathaus niemand vorhersagen. Unkalkulierbar ist die weitere Entwicklung des Flüchtlingsstroms nach Europa und die Bundesrepublik, unzureichend sind die Informationen der Bundes- und der Landesregierung für die Kommunen. Das erklärt Tim Grüttemeier am Montagabend vor den Stolbergern, und das will er heute in Düsseldorf auch Ralf Jäger erklären. Der Innenminister des Landes empfängt die Verwaltungschefs der Kommunen, in denen sich Flüchtlingseinrichtungen des Landes befinden, um über die Probleme zu sprechen. Da kann Stolbergs Bürgermeister mitreden. Denn es gäbe einige Ansätze, die den Kommunen ihre Aufgabe erleichtern könnten – organisatorisch, finanziell und zeitlich.


Danke für das Engagement


Grüttemeier kann aber auch von überwältigenden positiven Erfahrungen berichten. Stolberg schreibt Schlagzeilen als „weltoffene und tolerante Stadt mit gastfreundlichen und hilfsbreiten Bürgern“. Die Stadt hatte zwar einen Notfallplan in der Schublade. Dass der aber in dieser Kürze nahezu reibungslos umgesetzt werden konnte, „das ist nur dem Engagement unzähliger Helfer zu verdanken“, sagt Grüttemeier. „Mit dem Aufstellen von Feldbetten alleine ist es ja nicht getan.“ Deutsches Rotes Kreuz, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk, Bethlehem Gesundheitszentrum, Stadtverwaltung, Privatpersonen – zahlreiche Hände trugen dazu bei, dass die „Außenstelle der Erstaufnahmestelle Dortmund“, so die offizielle Bezeichnung, in aller Schnelle in Betrieb gehen kann. „Sie ist kein Übergangswohnheim und keine Dauerlösung“, stellt Grüttemeier den Unterschied heraus. Die 151 Menschen seien nicht „zugewiesen“, sondern „zugeführt“. Aber für die Zukunft sei nicht auszuschließen, dass erneut Flüchtlinge in Stolberg untergebracht würden.


Gut 20 Prozent der Menschen in der Propst-Grüber-Schule sind Jugendliche, der überwiegende Rest ist im Alter zwischen 55 und 67 Jahren. Der Anteil von Frauen und Männern ist in etwa identisch, und 30 Flüchtlinge haben eine arabische Muttersprache.


Die rund 500 weiteren in der Kupferstadt lebenden Flüchtlinge könnten weiterhin dezentral untergebracht werden. „Die Kooperation mit der Wohnungsgenossenschaft funktioniert“, sagt Grüttemeier auch mit anerkennendem Blick zu WoGe-Vorstand Ferdi Gatz­weiler im Ratssaal. Der frühzeitig in Stolberg initiierte Flüchtlings-Dialog zeige Wirkung. Gestern um 16 Uhr hat das DRK mit hauptamtlichen Helfern die Leitung der Außenstelle auf der Liester übernommen, so dass Verwaltung und Feuerwehr entlastet werden.


„Wir sind von der Welle der Hilfsbereitschaft fast überrollt worden“, strahlt Hildegard Nießen. Die Ehrenamtsbeauftragte wirkt angesichts der vielen Stunden Arbeit in diesen Tagen ein wenig angestrengt, aber auch um so mehr stolz angesichts der überwältigenden Unterstützung. Bereits während der ersten Stunden rollt eine Welle von Spenden an. In der Feuerwache füllt sich eine Werkstatt zügig vor allem mit Bekleidung. Ein erster 20-Fuß-Überseecontainer ist gefüllt. Ein zweiter wird heute erwartet.


Bei der Annahme und dem Sortieren der Spenden werden die Freiwilligen der Feuerwehr nun durch ehrenamtliche Helfer unterstützt. Diese Tätigkeit ist eine der Aufgaben, die an dem Montagabend im Rathaus koordiniert sein wollen. Die Unterstützung kommt aus allen Schichten der Bevölkerung – Jung und Alt, Urstolberger und Stolberger mit Migrationshintergrund, Bürger mit Fachwissen und mit der Möglichkeit, Zeit zu spenden, finden sich ein. Sie alle wollen dazu beitragen, das Schicksal der Flüchtlinge zu lindern und ihnen den Aufenthalt in der Kupferstadt so angenehm zu machen, wie es die Umstände ermöglichen.


Zahlreich sind die Helfer, die als Dolmetscher mit arabischen, spanischen, französischen und weiteren Sprachkenntnissen zu einer besseren Verständigung beitragen möchten. Schnellkurse zu einem Basiswissen in Deutsch werden angeboten.


Weitere Stolberger warten auf mit fundierten medizinischen oder sanitären Kenntnissen und Mitteln. Andere möchten sich einbringen, um den Tagesablauf der Flüchtlinge mit unterschiedlichen Freizeitaktivitäten zu bereichern. Wieder andere bieten einfach ihre Freizeit an, um zu helfen, wo es eben nötig ist. Hildegard Nießen sowie Louisa Ziemons, Petra Jansen, Petra Morgenstern, Paul Schäfermeier, Willi Seyffarth und Robert Walz von der Stadtverwaltung sammeln an unterschiedlichen Meldestellen die Hilfsangebote und koordinieren in diesen Tagen den Einsatz.


Viele persönliche Angebote


„Es besteht ein permanenter Bedarf an Hilfe“, betont Hildegard Nießen und freut sich darüber hinaus über „die vielen persönlichen Kontakte“, die ganz individuelle Hilfe zugesagt haben. Etwa die Friseurin aus Mausbach, die ihr Handwerk am Samstag in den Dienst der Flüchtlinge stellen möchte. Oder über Angebote aus Vereinen, die ihre Sportanlagen tagsüber zur Verfügung stellen und für den Abend eine Beteiligung am Training anbieten. Oder auch über Firmen, die Transportleistungen oder Hygieneartikel spenden. „Wir sind positiv überrollt von der Hilfe“, sagt Hildegard Nießen noch einmal und betont, dass auch für nicht direkt nutzbare Spenden eine weitere sinnvolle Verwendung bei Bedürftigen in dieser Stadt gefunden werde.


Spenden werden von 9 bis 18 Uhr angenommen


Noch bis einschließlich Donnerstag werden auf dem Hof der Feuer- und Rettungswache an der Kesselschmiede Sachspenden angenommen im Zeitraum zwischen 9 und 18 Uhr.


Benötigt werden vor allem noch Kinderschuhe, Spielsachen, (Fuß-)Bälle, Transporttaschen, Wäscheständer. Oberbekleidung wird derzeit dagegen ausreichend vorgehalten.


Die Sachspenden werden zwar bereits jetzt kontinuierlich eingesetzt, die Masse soll aber am Freitag in der Unterkunft an die Flüchtlinge verteilt werden.


Einen von Flüchtlingen gedrehten Film mit dem Titel „Wie geht Deutschland?“ mit anschließender Podiumsdiskussion zeigt die Junge Union Stolberg am Mittwoch, 26. August, im Kulturzentrum Frankental. Beginn ist um 19 Uhr.


Quelle: Stolberger Nachrichten / Zeitung


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