Euregio Railport auf die Schiene gesetzt

Gemeinsam wollen Kommunen und Wirtschaft den Euregio Railport als modernes Logistikzentrum und Hinterland-Terminal der Nordsee-Häfen entwickeln. Foto: J. Lange
Gemeinsam wollen Kommunen und Wirtschaft den Euregio Railport als modernes Logistikzentrum und Hinterland-Terminal der Nordsee-Häfen entwickeln. Foto: J. Lange

Mit einer halben Million Euro möchten Kommunen, Wirtschaft und Land einen Masterplan erarbeiten lassen zur Entwicklung des Industriedrehkreuzes Weisweiler-Inden-Stolberg. Das Projekt soll Perspektiven für eine Nachfolgenutzung der Flächen am Kraftwerk Weisweiler ebenso aufzeigen wie zu einem Ausbau des Umfeldes des Stolberger Hauptbahnhofes zu einem Güterverteilzentrum. Das Vorhaben ist eines von insgesamt 75 Projektvorschlägen, die die Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR) zur weiteren Qualifizierung ausgewählt hat. Dabei soll der Masterplan Entwicklungsmöglichkeiten für die nächsten 20 Jahre aufzeigen.

 

500 000 Euro fürs Konzept

 

Der Kosten für die Modernisierung und Optimierung von Schienen-, Verlade- und Straßeninfrastruktur werden ohne den Anteil der privaten Investitionen auf 200 Millionen Euro geschätzt. Das unter der Beteiligung relevanter Akteure in einem Workshop-Prozess zu erarbeitende Nutzungskonzept ist mit 500 000 Euro angesetzt. Mit 400 000 Euro beteiligt sich das Land; die übrigen Kosten werden von der RWE Power AG, der Euregio Verkehrsschienennetz GmbH, der Industrie- und Handelskammer, der Indeland GmbH, den Kommunen Stolberg, Eschweiler, Inden, der Städteregion und dem Kreis Düren getragen. Der Anteil der Kupferstadt wird voraussichtlich 10 000 Euro betragen.

 

Logistik als Wachstumsbranche

 

Ein Potenzial von 430 Hektar, die teilweise industriell genutzt sind, bietet der Standort Weisweiler, an dem unter anderem untersucht werden soll, welche Infrastruktur des Kraftwerkes eingebracht, wie das RWE Ausbildungszentrum und die Müllverbrennungsanlage zukünftig genutzt werden können. Energieversorgung und erforderliche Infrastruktur an Straße und Schiene sind weitere Eckpunkte. Gleich von Anfang an sollen mögliche Konflikte mit Ökologie und Wohnbebauung ausgeräumt werden. Ziel ist ein gemeinschaftlich getragenes Nutzungskonzept zur Ansiedlung zukunftsorientierten Gewerbes, Dienstleister und Industrie unter Aspekten von Flächenrecycling und Arrondierung bisheriger Standorte.

 

Als ein solcher Wachstumsmarkt gilt die Logistikbranche. „Dabei wollen wir eine Ausrichtung auf eine reine Lagerlogistik ausschließen“, erklärt Tim Grüttemeier. Vielmehr gesucht werde Logistik in „dienender Funktion“, so der Bürgermeister weiter. Geschaffen werden solle ein leistungsfähiger Umschlag, der einen Mehrwert generiere. Es geht etwa um eine Veredelung und Konfektionierung von Ware inklusive ihrer vor - und nachgelagerten Funktionsketten.

„Eine elementare Bedeutung kommt dabei unserem Hauptbahnhof zu“, sagt Grüttemeier. Er liegt an der absolut ausgelasteten Strecke zwischen dem Rhein und den wichtigen Güterumschlagsplätzen an der Nordsee: Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam (ZARA), über die die Masse unterschiedlicher Güter ins Land kommt. Angesichts seiner zentralen Lage zwischen Häfen und Ballungsräumen soll der Euregio Railport Stolberg mit seinen eigenen Kapazitäten und den Möglichkeiten, die Weisweiler eröffnet, zu einem Hinterland-Terminal der ZARA-Häfen ausgebaut werden: Ware aus Übersee kommt per Zug in die Kupferstadt, wird auf Waggons oder Lastwagen umgeladen, in die Region oder zu Unternehmen ausgeliefert, die die Halbprodukte vor dem Weitertransport zum Kunden weiter veredeln. Eine vergleichbare, wenn auch weniger europäische Bedeutung bescheinigen Historiker dem Stolberger als einem der größten Güterbahnhöfe Deutschlands Anfang des vorigen Jahrhunderts.

 

L 238 und Autobahnanschluss

 

Wenn auch seitdem erhebliche Teile des früheren Gleisnetzes zurückgebaut wurden, so umfasst er in mehreren Bezirken ein 20 Kilometer langes Gleisnetz, das von Ganzzügen genutzt werden kann. Die EVS verfügt in der Region über rund 100 Kilometer Gleise, 31 davon in Bahnhöfen, die zudem als weiteren großen Gewerbestandort Merzbrück mit weiteren 60 Hektar Entwicklungspotenzial erschließen. Insgesamt weist der Standort rund 100 Hektar Fläche in unterschiedlichen Modulen mit vielfach untergenutzten oder brachen (Altlast-)Flächen auf, die im Sinne eines sparsamen Umgangs mit Boden reaktiviert werden können.

 

Bereits heute erfolgt ein Güterumschlag von rund 1,5 Millionen Tonnen – mit steigender Tendenz, aber immer noch weit unter den Möglichkeiten. „Das sind keine Container, sondern Schüttgut, Halbwertprodukte, Rohstoffe“, erläutert Tobias Röhm. Nach Untersuchungen der IHK belaufe sich das Aufkommen containerbarer Güter aus dem eigenen Kammerbezirk auf 439 000 Euro, so der Technische Beigeordnete, die aber mangels Anlagen in anderen Regionen umgeladen werden. Die IHK prognostiziere bis 2030 eine Steigerung auf 600 000 Euro.

 

„Daher soll in Stolberg untersucht werden, wie mit den verfügbaren Flächen der Bahnhof am besten leistungsfähiger gemacht werden kann“, so Grüttemeier weiter. Das gelte für technische Erfordernisse wie Container-Terminals, Verladeanlagen von Bahn zu Bahn sowie auf Lastwagen ebenso wie für strategische Überlegungen, wo in Industrie und Gewerbe zusätzliche Kundenpotenziale geweckt, nach Stolberg angesiedelt werden können und welche zusätzlichen Verkehrsbeziehungen benötigt oder ausgebaut werden müssen.

 

Da ist der dritte Bauabschnitt der L 238 (Eschweilerstraße) in Richtung A-4-Anschluss Eschweiler ebenso ein Stichwort wie die Anbindung über die L 236 (Sebastianusstraße) an die A 44 bei Eilendorf, für die im nächsten Jahr das Planfeststellungsverfahren beginnen soll. Zudem soll im Rahmen des Masterplans untersucht werden, wo weitere Anschlüsse an Autobahnen in der Region erfolgen können, um das Durchfahren von Ortschaften zu vermeiden. Aus Stolberger Sicht liegt da der Anschluss an die A 4 direkt durch Camp Astrid eindeutig auf der Hand.

 

Quelle: Stolberger Nachrichten / Zeitung

Industriedrehkeuz: Masterplan zeigt auf, wie Stolbergs Hauptbahnhof zum Hinterland-Terminal der Nordseehäfen werden kann.


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