Stolberg erhält einen eigenen City-Tarif . Rückkehr der beliebten früheren Kurzstreckenzone nach starken Fahrgastverlusten. Die Stadt subventioniert.
Frühzeitig vor den Kupferstädter Weihnachtstagen wird die Fahrt mit Bus und Bahn in Stolberg wieder preiswerter. Zum 1. November führt die Kupferstadt einen „City-Tarif“ ein. Damit kann innerhalb der Kernstadt für 1,80 Euro bei der Einzelfahrt bzw. für 6,80 Euro mit dem Vier-Fahrten-Ticket mit Bus und Bahn gefahren werden.
Der Stolberger „City-Tarif“ wird von der Stadt mit bis zu 53 000 Euro subventioniert. Die dazu erforderlichen Beschlüsse des Verkehrsausschusses am 21. und des Rates am 27. September gelten als reine Formsache.
Aufschrei des Entsetzens
Erst als unsere Zeitung vor dem Fahrplanwechsel im Juni 2013 berichtete, was der Aachener Verkehrsverbund (AVV) beschlossen hatte, ging ein Aufschrei durch Stolberg. Die Einführung des „Flugstickets“, mit dem man nur noch vier Haltestellen weit mit dem Kurzstreckentarif von seinerzeit 1,50 Euro fahren kann, führte für viele Stolberger zu einer Fahrpreissteigerung von fast 70 Prozent. Denn von umliegenden Stadtteilen muss man zumeist mehr als vier Haltestellen fahren, um in die Innenstadt zu gelangen.
Bis dato war die Kernstadt eine Tarifeinheit gewesen: von Schwarzenbruch über Steinfurt bis zum Donnerberg hinauf, über den Derichsberg bis Vicht und weiter über Büsbach, Münsterbusch bis zum Sebastianusweg – die ehemalige „Kurzstreckenzone 29“. Innerhalb dieser Tarifeinheit konnte man mit Bus und Bahn für 1,50 Euro verkehren. Angesichts der horrenden Preissteigerung auf 2,55 Euro (heute 2,65 Euro) für die Tarifzone 1 kam es zu einem Aufschrei in der Kupferstadt. Allen voran Paul Kirch(CDU) und Rolf Engels reagierten: Sie forderten die Rückkehr zur alten Regelung.
Der AVV hielt an seiner Neuregelung fest, reagierte aber auf Druck der Kupferstadt zunächst mit einer Kundenanalyse. Und siehe da: Im Vergleich zu anderen Kommunen verzeichnet der AVV in Stolberg einen gravierenden Einbruch. Der Verlust an Fahrgästen mit 55 000 Fahrten pro Jahr liegt bei 6,8 Prozent.
„Busverkehr spielt wichtige Rolle“
„Aber der Busverkehr spielt angesichts der Topographie in Stolberg für die Erreichbarkeit der Innenstadt eine wichtige Rolle“, argumentiert Tobias Röhm. In den umliegenden Ortsteilen leben viele Senioren, die auf den Bus angewiesen sind, und viele Bürger haben ihre Besuche in der Innenstadt reduziert, analysiert der Technische Beigeordnete: „Und ein Umstieg auf Autos kann nicht Ziel einer bürgerfreundlichen Kommune und einer klimagerechten Stadtentwicklung sein“.
Der Rat beauftragte Röhm mit Verhandlungen mit dem AVV. Die große Koalition stellte im Haushalt für dieses Jahr 60 000 Euro für die Einführung eines „City-Tarifes“ für Stolberg bereit. AVV-Geschäftsführer Hans-Peter Geulen zeigte sich nach einer Diskussion mit dem Verkehrsausschuss im Januar vergangenen Jahres zuversichtlich, zu einer Lösung zu kommen, nachdem die Politiker ihm die Leviten gelesen und auf die Bedeutung einer für die Bürger günstigeren Lösung hingewiesen hatten. Beauftragt wurde die Aachener Ingenieurgruppe IVV, Lösungsmodelle zu entwickeln.
Vier-Fahrten-Schein: 6,80 Euro
Nach intensiven Verhandlungen mit dem AVV kann Röhm nun folgendes Modell unterbreiten: Die Einzelfahrt innerhalb der früheren „Kurzstreckenzone 29“ – Umsteigen inklusive, aber ohne Rück- und Rundfahrten – kostet als Einzelticket 1,80 Euro und als vier-Fahrten-Ticket 6,80 Euro. Die zeitliche Gültigkeit des Stolberg-Tickets beträgt 40 Minuten ab der Entwertung. Innerhalb der „Kurzstreckenzone 29“ ist es gültig für alle Busse im Linienverkehr sowie für die Euregiobahn zwischen Hauptbahnhof und Altstadt.
Das Ingenieurbüro IVV hat die durch die Einführung des Stolberger City-Tarifs bedingten Einnahmeverluste bei den Verkehrsunternehmen nach gängigen und als zuverlässig bekannten Methoden berechnet. Dabei berücksichtigten die Gutachter aufgrund der Attraktivität des Tarifs eine Steigerung der Fahrgastzahlen, die die Mindereinnahmen teilweise wieder kompensieren würden. Bei einer normalen Zuwanderung wird mit Mindereinnahmen von jährlich 53 000 Euro – 49 000 Euro Bus und 4000 Euro Bahn – gerechnet.
Mindereinnahmen trägt Stadt
Bei einer starken Zuwanderung würden die Mindereinnahmen bei 42 000 Euro – 39 000 Euro Bus und 3000 Euro Bahn – liegen. Die Richtigkeit dieser Annahmen lässt sich erst nach einem Jahr Praxis überprüfen. „Diese Mindereinnahmen sind von der Kupferstadt zu tragen“, sagt Röhm. Die Abrechnung soll dann jährlich anhand der genauen Verkaufszahlen des Stolberger City-Tickets und des Rückgangs bei anderen Fahrausweisarten erfolgen. Details werden durch einen durch den Rat zu beschließenden Vertrag geregelt.
„Das neue City-Ticket ist ein weiterer positiver Beitrag zur Steigerung der Attraktivität unserer Innenstadt“, freut sich Tobias Röhm. Und eigens für die Kupferstädter Weihnachtstage hat der AVV
die Einführung vom üblichen Fahrplanwechsel im Dezember auf den 1. November vorgezogen.
Quelle: Stolberger Nachrichten / Zeitung