Grüttemeier wirft SPD-Fraktionsvorsitzendem vor, mit Falschinformationen und Fehlinterpretationen der Stadt zu schaden
„In einem haben Sie in lhrem Schreiben ganz ohne Zweifel Recht: Die Konkurrenz zwischen den Gewerbestandorten wächst, weswegen das Werben um lnvestoren schwieriger wird und die Bedeutung einer starken Wirtschaftsförderung steigt. Beidem jedoch, unserem Standort sowie unserer Wirtschaftsförderung haben Sie durch Ihr Schreiben unnötigerweise Schaden zugefügt“: Bürgermeister Tim Grüttemeier weist die Kritik des SPD-Fraktionsvorsitzenden Patrick Haas, die sich auf Aussagen des städteregionalen Dezernenten Markus Terodde aus dem Aufsichtsrat der Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR) bezogen, zur Stolberger Wirtschaftsförderung vollumfänglich zurück. „Ihre Ausführungen basieren nicht auf Fakten, sondern auf Falschinformation und Fehlinterpretationen, die durch die aufmerksame Lektüre der Ihnen vorliegenden Rat- und Ausschussunterlagen hätten verhindert werden können“, analysiert Grüttemeier.
„Bemerkenswertes Vorgehen“
Dabei sei Haas‘s Vorgehen fraglich, Mitarbeiter der Verwaltung persönlich anzugreifen, obwohl die Qualität der geleisteten Arbeit für sich spreche. Ein solches Vorgehen sei Grüttemeier „weder inhaltlich noch sachlich“ bis dato von einem Vorsitzenden der SPD-Fraktion nicht gewohnt gewesen. Die Zusammenarbeit mit Haas Vorgänger Dieter Wolf sein stets „von gegenseitigem Respekt“ und „fundierter Sachkenntnis gekennzeichnet“ gewesen. In der Sache bescheinigt Grüttemeier Haas „eine eklatante Unkenntnis bezüglich der jüngeren Entwicklung des Gewerbestandortes sowie hinsichtlich der generellen Arbeit unseres Amtes für Wirtschaftsförderung“. Haas Bedenken an der Professionalität der Wirtschaftsförderer sei „nicht nur faktisch unhaltbar, sondern sie stellt auch ein bemerkenswertes Vorgehen für eine Fraktion dar, die bereits seit 2004 ununterbrochen in den Koalitionen unseres Rates vertreten ist und Verantwortung in diesem Bereich übernehmen will“. Haas Vorgehen stehe massiv im Widerspruch zu der bislang in Stolberg gepflegten vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Politik und Verwaltung.
Mehrere Indikatoren führt Grüttemeier an, anhand derer man den Erfolg unserer Bemühungen zur Wirtschaftsförderung empirisch überprüfen könne. So sei die Arbeitslosenquote in den beiden Legislaturperioden 2004 bis 2014 unter sozialdemokratischer Führung trotz einer insgesamt positiven Entwicklung in Bund und Land, lediglich von 12,2 Prozent auf 11,0 Prozent gesunken. „Seit der zurückliegenden Kommunalwahl und der Neuausrichtung unserer Wirtschaftsförderung hingegen konnte der Stolberger Arbeitsmarkt deutlich an Boden gut machen und die Quote sank auf zuletzt 7,7 Prozent, was den niedrigsten Stand seit 25 Jahren bedeutet“, sagt Grüttemeier. Diese Entwicklung sei nicht nur auf externe Faktoren zurückzuführen, „sondern liegt an der steigenden Bedeutung Stolbergs als Gewerbestandort“. Zahlen der AGIT belegten, dass Stolberg entgegen Haas‘ Befürchtungen heute einer der am meisten nachgefragten Gewerbestandorte in der Städteregion Aachen sei. ln den zurückliegenden Jahren sei es den städtischen Wirtschaftsförderern gelungen, zahlreiche neue Unternehmen im Gewerbegebiet Camp Astrid anzusiedeln, das in den Jahren zuvor nahezu brach lag.
„Die Fakten sprechen hier eine deutliche Sprache“, so Grüttemeier. In den Jahren vor der seinem Amtsantritt konnten zehn Gewerbegrundstücke mit einer Gesamtfläche von 22 980 m² veräußert werden. Zwei weitere Flächen wurden zum Aufstellen von Photovoltaikanlagen genutzt, „ohne dass hiervon lmpulse für den Stolberger Arbeitsmarkt ausgegangen wären“. Seit der Umstrukturierung und Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung im Jahr 2014 wurden hingegen Käufer für 23 weitere Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 52 784 m² gefunden. „Alle hinzugewonnenen Investoren sind klein- und mittelständige Unternehmen, die Ausbildungsplätze schaffen und ihrer Belegschaft eine berufliche Perspektive bieten“, betont der Bürgermeister weiter:
„Anders ausgedrückt: In den Zeiten, als die SPD für die Wirtschaftsförderung Hauptverantwortung trug, „konnten in Stolbergs bedeutendstem Gewerbegebiet pro Jahr Investoren für 3282 m² Gewerbeflächen gefunden werden. Die Wirtschaftsförderung von heute hat diesen Wert auf heute 11 729 m² pro Jahr mehr als verdreieinhalbfacht“, rechnet der Christdemokrat vor.
Eine ähnliche Entwicklung erlebe das Dienstleistungszentrum (DLZ), dessen Auslastung „dank der hervorragenden Arbeit unseres Amtes für Wirtschaftsförderung“ von 61 Prozent im Jahr 2014 auf heute 96 Prozent gesteigert werden konnte. Ermöglicht werde dieser Erfolg durch ein breites Leistungsspektrum der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor die sich Grüttemeier ausdrücklich stellt: „Dieses umfassende Engagement hat selbstverständlich auch Auswirkungen auf die Entwicklung der Gewerbesteuer, deren Einnahmen von 20 292 597 Euro im Jahr 2013 auf 26 397 886 Euro im bereits abgeschlossenen Haushaltsjahr 2017 gestiegen sind.“
„Autobahn verwechselt“
Nicht weniger haltlos wie die generelle Kritik an der Arbeit der Wirtschaftsförderung seien Haas Darstellungen zum weiteren Vorgehen in Sachen Euregio-Railport als eines der bedeutendsten infrastrukturellen Projekte in und für Stolberg, die der SPD-Chef aus den Unterlagen des Rates kennen könnte. Durch die Verwirklichung des Projektes sollen nicht nur weitere Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung der Region hervorgehen, sondern er sei ein weiterer Baustein in Strategie Mobilität neu zu denken und an die aktuellen Bedürfnisse anzupassen. Vor diesem Hintergrund habe Stolberg sich mit dem Vorhaben beim Ideenwettbewerb der IRR beworben, der darauf abzielte, zukunftsweisende Projekte der Region weiter seitens der IRR zunächst entschieden, den Euregio-Railport und das Industriedrehkreuz Weisweiler-Inden gemeinsam zu betrachten, um so Synergien in der Grundlagenermittlung zu schaffen. Haas vermische nun unterschiedliche Projekte miteinander, erläutert Grüttemeier: „Richtig ist vielmehr, dass der RWE-Konzern als Betreiber und Eigentümer des Kraftwerkes Weisweiler stets ausschließlich das dortige Projekt unterstützt hat. Die Flächen rund um den Hauptbahnhof hingegen sollten von Anfang an in Kooperation mit der Stolberger EVS Euregio Verkehrsschienennetz entwickelt werden. Daran hat sich nichts geändert, und vor diesem Hintergrund sehen wir aktuell keine negativen Auswirkungen zur Umsetzung unseres Projektes.“
Die Verwirklichung des dritten Bauabschnittes der L 238 würde ganz ohne Zweifel eine deutliche Bereicherung für Stolberg darstellen. Die Notwendigkeit des Ausbaus werde durch die geplanten Entwicklungen am Hauptbahnhof noch einmal unterstrichen und bereits durch die Projektpartner vorangetrieben. Haas unterlaufe aber in der Deutung der Terodde-Aussagen zum Euregio-Railport einen Interpretationsfehler, denn die Notwendigkeit eines Autobahnanschlusses beziehe sich in diesem Kontext nicht auf den Anschluss an die A4, sondern auf den Anschluss an die A44 über den Anschluss Stolberg/Eilendorf, der bereits beschlossen ist und in den kommenden Jahren umgesetzt werde.
Wie wenig sich der SPD-Chef „mit der Materie befasst“ habe, unterstreiche seine Kritik, dass Aachen nicht Stolberg, sondern Eschweiler als Partner zu einer gemeinsamen Gewerbeflächenentwicklung ins Auge gefasst habe. Aachen könne ebenso wie Stolberg den zukünftigen Bedarf an Gewerbeflächen nicht auf eigenen Stadtgebiet abbilden; Eschweiler verfüge über mehr Flächen als es selbst vermarkten könne. Ein Pool zwischen Aachen und Stolberg scheidet „somit logischerweise aus“, so Grüttemeier, aber alle Kommunen beteiligen sich am städteregionalen Gewerbeflächenpool.
„Sollten Sie künftig Fragen zu Projekten der Verwaltung haben oder Zusammenhänge nicht richtig verstehen, so biete ich Ihnen gerne an, vor dem Versand einer entsprechenden Pressemitteilung Kontakt zu unseren Fachämtern aufzunehmen“, endet die Antwort an Haas von Grüttemeier, der selbst auch stets für Rückfragen zur Verfügung stünde.
Quelle: Stolberger Nachrichten / Zeitung