Mit 55,82 zu 23,27 Prozent deutlich vor Jansen. Nur jeder Dritte geht zur Wahl. Extreme in Venwegen und Zweifall
Die Kupferstädter trauen ihrem Bürgermeister höhere Aufgaben zu: Auch wenn Tim Grüttemeier im ersten Anlauf den Sprung auf den Sessel des Städteregionsrates nicht geschafft hat, so haben ihm die Stolberger bereits gestern mit absoluter Mehrheit für diese Aufgabe das Vertrauen ausgesprochen. Mit 9213 Stimmen entfielen 55,82 Prozent auf den Christdemokraten. Daniela Jansen (SPD) erreicht mit 3840 Stimmen nur 23,27 Prozent. Auf den Rängen folgen der Grüne Oliver Krischer (1816/11,0%), Markus Matzerath (1162/7,04%/AfD), Albert Borchardt (255/1,55%/Linke) und der Stolberger Marcel Foré (218/1,32%/ÖDP).
Damit hat der 38-Jährige sich deutlich für die Stichwahl qualifiziert. Die Sozialdemokratin Daniela Jansen ist die Gegnerin, die in Alsdorf zwar 0,66 Punkte vor Grüttemeier lag, selbst aber in ihrer Heimatstadt Aachen und in Roetgen sogar von Oliver Krischer überflügelt wurde. In allen anderen Kommunen lag Tim Grüttemeier vor Jansen – sogar in Eschweiler mit 1,51 Punkten. In Simmerath und Baesweiler liegt Grüttemeier deutlich über 50 Prozent. In der Kupferstadt holt er sein bestes Ergebnis. Mit 55,82 Prozent schneidet er sogar noch besser ab als 2014 bei seiner Wahl zum Bürgermeister, bei der er 51,75 Prozent erreichte.
Quasi bis zur letzten Minute hat Tim Grüttemeier um Stimmen geworben, gestern Morgen noch einmal vor Bäckereien Wahlkampf gemacht, bis er nach 11 Uhr mit Ehefrau Nina in Venwegen zur Stimmabgabe schritt. Die restliche Zeit bis zum Abend gehörte der Familie – und dem Bundesliga-Derby zwischen Mönchengladbach und Fortuna Düsseldorf. Ob der 3:0-Sieg der von ihm favorisierten Borussen ein gutes Omen für die Wahl sein wird?
Derweil geht es tagsüber in den Stolberger Wahllokalen deutlich ruhiger zu als bei üblichen Kommunalwahlen. Und doch liegt die Beteiligung höher als von vielen befürchtet wurde. Vor vier Jahren gingen 51,5 Prozent der Stolberger zu den Urnen, zwei Wochen später beteiligten sich kaum 22,5 Prozent an der Stichwahl für das Städteregionsamt. Gestern Morgen blieben die Wähler zurückhaltend. Bei 17,74 Prozent inklusive Briefwahl lag die Beteiligung um 11 Uhr. Gegen 12 Uhr, als vor vier Jahren in Büsbach viele Gottesdienstbesucher für Schlangen vor den Stimmlokalen sorgten, herrscht „freie Fahrt“ ins Wahllokal. Etwa 240 von 2431 Wahlberechtigten – es ist der größte Stolberger Stimmbezirk – sind bis dato an die Urne gekommen. Aber der Zwischenstand vom Nachmittag aus dem städtischen Wahlamt signalisiert eine doch größere Wahlbeteiligung. Um 16 Uhr haben 13 816 Stolberger gewählt; das macht 30,9 Prozent bei 4601 Briefwählern und 9215 Urnengängern.
Am Ende des Abends liegt die Wahlbeteiligung bei in Stolberg mit 16 628 Wählern bei 37,19 Prozent. Das ist ein Wert im oberen Mittelfeld. Nur in Simmerath (42,7%), Monschau (46,8%) und Roetgen (50,7%) haben mehr Bürger von ihrem Recht Gebrauch gemacht.
Um 18 Uhr, als die Wahllokale schließen, ist es im Ratssaal überschaubar. Wahlleiter Robert Voigtsberger und SPD-Chef Patrick Haas leisten dem Team der IT-Spezialisten der Verwaltung Gesellschaft, die die eingehenden Ergebnisse live übertragen. Nur eine Handvoll Bürger findet am Abend den Weg ins Rathaus. Zum Ende gesellen sich wenige Politiker und Verwaltungsmitarbeiter kurzzeitig hinzu, die zuvor Stimmen ausgezählt haben.
Dabei ist die Frage des Abends durchaus spannend. Wie schneiden Parteien und Personen ab – angesichts aktueller Meinungsumfragen und Landtagswahlergebnisse? Wird Tim Grüttemeier es im ersten Anlauf schaffen? Kann Oliver Krischer gar Daniela Jansen überflügeln? Bereits die ersten Zahlen weisen auf einen zweiten Wahlgang hin und spiegeln nicht die allgemeine politische Stimmung im Land wider.
Um 18.05 Uhr kommt das allererste Ergebnis – aus einem Herzogenrather Briefwahlbezirk: 39,36 für Grüttemeier, 31,43 für Jansen, 17,6 für Krischer und erste 6,26 Punkte für den AfD-Mann. Drei Minuten später sind vier von 417 Stimmbezirke in der Städteregion ausgezählt. Sie deuten daraufhin, das Grüttemeier und Jansen in die Stichwahl gehen werden. Um 18.15 Uhr folgt das erste Stolberger Ergebnis aus Dorff: 53,81 für Grüttemeier, 23,72 für Jansen, 15,68 Prozent für Krischer; die anderen Kandidaten spielen hier namhafte keine Rolle.
Als Wahlleiter Robert Voigtsberger um 18,47 Uhr das vorläufige Endergebnis aus Stolberg in der Hand hält, ist bereits absehbar, dass trotz der absoluten Mehrheit in der Heimatstadt am 18. November die Stichwahl folgen wird.
Ein Blick auf die Stimmbezirke bescheinigt Grüttemeier in seinem Wohnort Venwegen und Zweifall, wo er aufwuchs, die meisten Stimmen mit 70,81 bzw. 66,77 Prozent. Im Wahllokal an der Donnerberger Bergstraße und in Oberstolberg endet die Skala der Zustimmung bereits bei 42,0 bzw. 45,53 Prozent. Mausbach I mit 32,15 Mausbach I und Donnerberg II mit 30,68 Prozent sind die besten Bezirke für Daniela Jansen; Venwegen (13,73%) und Zweifall (16,38%) bilden ihre Schlusslichter. Mit 24,47 Prozent ist Breinig I mit Abstand eine Hochburg für Oliver Krischer. In sechs Stimmbezirken schafft es die AfD über zehn Prozent.
Zwar weniger mit Blick auf Stolberg, aber auf das Ergebnis in der Städteregion erkennt Patrick Haas für die SPD-Kandidatin gute Chancen für die Stichwahl: „Ich sehe eine linke Mehrheit“, sagt der SPD-Vorsitzende bei der Addition der SPD- und Grünen-Stimmen. Summiert man die Linken hinzu würde sie bei 52,4 Prozent rangieren. Aber Haas schränkt ein: „Dazu davon müssen wir erst die Wähler überzeugen“. Jochen Emonds wertet den Ausgang konträr: „Es ist eine Personenwahl, und Tim Grüttemeier hat als einer von sechs Kandidaten das hervorragende Ergebnis erzielt.“ Mit Optimismus blickt der CDU-Vorsitzende auf die Stichwahl: Wir sind sehr zuversichtlich den Stolberger Schwung und den frischen Wind aus der Kupferstadt auf die Städteregion übertragen zu können.“
Von einem „schönen Zwischenergebnis“ spricht Tim Grüttemeier,der mit einer Stichwahl gerechnet hatte. „Persönlich freue ich mich sehr über mein Ergebnis in Stolberg“, sagt der Bürgermeister, der heute wieder seine Arbeit im Rathaus aufnimmt und erst zur Stichwahl hin wenige Tage Urlaub nehmen möchte.
Quelle: Stolberger Nachrichten / Zeitung